Jochen Weber - Fotografie |  Fotoreportage
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Geschenke der Götter
Diamanten und Indien – eine Reportage
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Geschenk der Götter

Tropfen-Diamant (engl.: pear)
Dieser Schliff ist im Moment im Trend. Die längliche Form lässt die Finger einer Hand schmäler erscheinen  als sie sind.




Bis ins Mittelalter hinein teilten sich Araber und Perser das Monopol des Diamantenhandels und alle Diamanten, die nach Europa gelangten, waren Rohdiamanten, also ungeschliffene. Die ersten dieser großen, wertvollen Steine kamen dann durch Raub und als Kriegsbeute nach Europa und erst im Mittelalter wurde der Diamant dann dort zum König der Edelsteine, natürlich lange Zeit nur unter seinesgleichen: an den Königshöfen. Denn die Monarchen schätzten den Diamanten als Zeichen des Reichtums und der Macht. Ein Mann, dessen Name untrennbar mit dieser Geschichte verbunden ist, war Jean-Baptiste Tavernier. Dieser Diamantenexperte aus Antwerpen brachte im 17. Jahrhunderts aus dem Orient und aus Indien viele Diamanten nach Europa, darunter ungefähr zwanzig Steine zwischen 30 und 50 Karat! Ein paar der Diamanten sollten später Berühmtheit erlangen, wie z.B. „Koh-i-Noor“ oder der „Hope-Diamant“, den er, der Legende nach, aus einer indischen Götterstatue der Gottheit Vishnu herausgebrochen haben soll!

[Übersicht der berühmtesten Diamanten mit Ihren Geschichten ...]








Diamanten und Rubine

Diamanten und Rubine: Die Monarchen schätzten Edelsteine als Zeichen des Reichtums und der Macht.







Ein Diamant besteht aus reinem Kohlenstoff, er ist deshalb ein naher Verwandter des Graphits, wie es sich beispielsweise in Bleistiften befindet. Zu ihren unterschiedlichen Eigenschaften kommt es durch die unterschiedlichen Kristallstrukturen der beiden Materialien, die sich durch ihre Entstehung erklären. Die Diamantkristalle, bei denen jedes Kohlenstoffatom mit vier Nachbarn verbunden ist, was ihnen ihre starke Gitterstruktur verleiht, entstanden bereits vor einigen Milliarden Jahren tief im Erdmantel in 130 bis 700 Kilometern Tiefe, bei Temperaturen von mehr als 1.000° Celsius und unter dem enormen Druck von 40.000 Bar und mehr. Im Graphit sind die Kohlenstoffatome in Schichten angeordnet, die aber nur über wenige Verbindungen miteinander verknüpft sind. Deshalb hinterlässt Graphit auch schnell eine graue Spur auf Papier. Dort, wo die Temperatur- und Druckwerte niedriger waren, entstanden keine Diamanten, sondern Graphit. Die Diamanten gelangten im Laufe der Zeit über das Magma an die Erdoberfläche, sie wurden von Vulkanausbrüchen nach oben gedrückt und teilweise herausgeschleudert. Dabei bildeten sich Vulkankegel mit langen Schloten, die sich mit Vulkangestein und den darin eingebetteten Diamanten füllten. Dieses Gestein wird Kimberlit, oder auch nach seiner Farbe „blue ground“ genannt, andere Muttergesteine für Diamanten können auch Peridotit oder z.B. Eklogit sein.

[Mehr über die Entstehung von Diamanten ...]








Poço Azul, Chapada Diamantina, Brasilien

Poço Azul, Chapada Diamantina, Brasilien







Zunächst beschränkten sich Diamantenfunde auf sekundäre Vorkommen, d.h., in erodiertem Gestein in der Nähe von Flüssen, den alluvialen Lagerstätten. Das Verfahren zur Gewinnung von Diamanten bestand lediglich aus dem Sieben und Waschen des Flussgrundes, so wie beim alten, brasilianischen Garimpeiro-System [s. Reportage „Cago - Auf der Suche nach Freiheit“], bei dem mit Sieben die Erde von Flussbetten durchgesiebt wird. Mit der Entdeckung von Diamantvorkommen in Südafrika waren diese einfachen Methoden aber nicht mehr ausreichend, und durch die Erfahrungen mit Erzbergwerken stand für den Abbau von Diamanten von Anfang an eine weit entwickelte Technik zur Verfügung. Wie der Abbau der alluvialen Lagerstätten erfolgte zunächst auch der oberflächliche Abbau von Kimberlit-Schloten, den sogenannten Primärvorkommen, im Tagebau. Ab einer Tiefe von ca. 100 m ist aber beim Tagebau die Sicherheit der Arbeiter nicht mehr gewährleistet und ein Übergang zum Untertagebau ist erforderlich. Das diamanthaltige Erz wird abgebaut oder durch Sprengen gelöst, gemahlen und dann gewaschen. Immer ist dabei die Förderung von riesigen Gesteinsmengen erforderlich, um nur einige wenige der kostbaren Edelsteine zu erhalten: Für eine Ausbeute von 1 Karat Diamant sind der Abbau einiger Tonnen Gestein notwendig.

[Mehr über den Abbau von Diamanten ...]







Garimpeiro-System in Brasilien

Das alte "Garimpeiro-System", wie man es heute noch in Brasilien finden kann








Handelswege von Diamanten

                         Mögliche Vertriebswege von Diamanten



Allein die Firma De Beers beschäftigt weltweit ca. 20.000 Menschen. Über deren eigene „Diamond Trading Company“ (DTC) in London, Gaborone, Kimberley und Windhoek wird ein Großteil der Rohdiamanten weiterverkauft. Die DTC ist Teil der Lieferkette der De Beers Group, der „Central Selling Organisation“ (CSO), die Lieferungen von Rohdiamanten aus unterschiedlichen Quellen zu einem einzigen Großhandelsangebot vereinigt. An die zwei Kundengruppen „Sightholders“ und „Accredited buyers“ werden die Diamanten nach einem traditionellen Ritual verkauft, das bis heute besteht. Bei diesen Veranstaltungen werden Diamantenschleifern, Schmuckherstellern und Großhändlern sog. „Boxen“ zum Kauf angeboten. Jeder Kunde wird einzeln in einen Raum geleitet, wo er die „Boxen“ mit Diamanten begutachten darf. Auswahl und Preis — pro Box liegt er heute bei durchschnittlich ca. 500.000 Dollar — stehen nicht zur Diskussion, es besteht nur die Wahl zwischen Kaufen und nicht Kaufen, bezahlt wird bar. Die Marktmacht von De Beers ist in den letzten Jahren jedoch stark zurückgegangen. Die Gründe sind das Aufbrechen des Kartells durch die Diamantenmine Argyle in Australien sowie die gestiegene Konkurrenz von unabhängigen Diamantproduzenten vor allem in Kanada und Russland. Als Reaktion auf den Rückgang ihres Marktanteils startete De Beers über ihre eignen Marketingfirmen eine massive Werbekampagne mit ihrem Slogan „A Diamond is Forever“. Dafür haben sie eine neue Technologie entwickelt, um das für das bloße Auge nicht sichtbare Logo „Forevermark“ in die Tafel eines Diamanten einzugravieren, das von einem Echtheitszertifikat begleitet wird.






Farbnuanchen bei Diamanten

Farbnuancen bei Diamanten








Um mir einen besseren Eindruck zu verschaffen, wie das mit dem Diamantenschleifen in Indien heute so vor sich geht, habe ich der Stadt Surat einen Besuch abgestattet. Abends in Surat angekommen, musste ich allerdings zunächst ein kleines Problem lösen, denn ich hatte die beiden Feststellschrauben meines Manfrotto-Stativkopfes zu Hause vergessen, sie waren in einer anderen Tasche geblieben – ohne die ist das Stativ aber völlig unbrauchbar!

[Stativgeschichte öffnen ...]






  

Planungsabteilung



Die Abläufe und Organisationstruktur bei der Diamantbearbeitung ist bei den beiden von mir besuchten Firmen „Sanghavi Exports International“ und „Hari Krishna Exports“ etwas unterschiedlich. Der Einfachheit halber habe ich die Abläufe in eine Struktur gebracht, auch die Fotos von beiden Firmen vermischen sich. Wer sich nun vorstellt, dass man in eine Diamantenschleiferei hineinkommt und dort alles schleift, sägt und bohrt, hat sich getäuscht.

Die Haupttätigkeiten, bevor auch nur ans Schleifen gedacht wird, finden heute alle am Computer statt. Hunderte Angestellte sitzen einfach nur an Computern! Das bedeutet, dass man heute schon vor dem Schleifen weiß, was aus einem Rohdiamanten am Ende wird: Wie viele Steine, welche Klarheit, wie viel Karat, welche Form etc.

Doch der Reihe nach.


Aber wie werden Rohdiamanten überhaupt eingekauft? Da die Oberfläche eines Rohdiamanten normalerweise getrübt ist, kann vorher nur wenig über die Qualität, die tatsächliche Reinheit des späteren Schmuckdiamanten ausgesagt werden. Bei der Analyse eines Rohdiamanten muss ein Käufer so genau wie möglich feststellen, welches Gewicht der Diamant nach dem Schliff aufweisen wird. Daneben prüft er auch die Form, die Kristallisierung, die interne Spannung und die Deformation des Rohdiamanten. Die zur Prüfung eines Rohdiamanten erforderliche Ausrüstung umfasst also eine Waage, eine 10-fach-Lupe und einen Diamantentester. Ein Diamantentester misst den thermischen Widerstand eines Rohdiamanten und zeigt seine Wärmeleitfähigkeit an.

[Prüfung und Preisberechnung von Rohdiamanten öffnen ...]





Die Prüfung von Diamanten erfordert viel Erfahrung







Als Maßnahme gegen Konfliktdiamanten – auch „Blutdiamanten“ genannt – wurde im Mai 2000 bei einem Treffen der südafrikanischen, Diamanten produzierenden Staaten in Kimberley, Südafrika, das „Kimberley Process Certification Scheme“ (KPCS) entwickelt, das die eindeutige und saubere Herkunft eines Diamanten garantiert. Es soll verhindern, dass diese Diamanten in den Warenstrom der Rohdiamanten eindringen können. Ein „Blutdiamant“ ist ein Diamant, mit dessen Erlös gewalttätige Konflikte finanziert werden. Sie werden in Konfliktgebieten meist illegal geschürft und verkauft, um Rebellen- oder Invasionstruppen zu finanzieren. Aus den anderen weltweiten Diamantminen werden auf dem „open market“ die Rohdiamanten an die entsprechenden Börsen der Welt in Antwerpen, New York, Dubai, Ramat Gan (Israel), Johannesburg, Paris u.a. geliefert.




Karte der aktiven Diamantenminen

Nutzung der Karte mit freundlicher Genehmigung von www.diamanten-infos.com





[Aktive Diamantenminen weltweit öffnen ...]


Raum mit Galaxy-Scannern
                                   Raum mit Galaxy-Scannern



Galaxy 3D-Scanner
Galaxy 3D-Scanner                                       

                                    
Diamant in der Halterung des Scanners
                    Diamant in der Halterung des Scanners

Innenleben eines Galaxy 3D-Scanners
                         Innenleben eines Galaxy 3D-Scanners

3D-Scan mit der Lage aller Einschlüsse eines Diamanten
      3D-Scan mit der Lage aller Einschlüsse eines Diamanten
Zunächst werden alle eingehenden Diamanten geprüft und ihr Weg durch die Firma festgelegt. Die Steine, die kleiner als 0,20 Karat sind (sog. „Mêlée-Ware“) gehen z.B. einen anderen Weg als die größeren, von denen die meisten zuerst einmal einen 3D-Scan verpasst bekommen. Die israelische Firma „Sarine“ ist weltweiter Marktführer mit ihren Scannern der Marke „The Galaxy“.

Dieser 3D-Scanner erkennt und lokalisiert automatisch alle Unreinheiten, sogenannte "Einschlüsse", bei Rohdiamanten, auch innen. Die gewonnenen Daten werden dann direkt einer speziell entwickelte Diamantenplanungssoftware übergeben. So kann der wirkliche Wert des zu schleifenden Diamanten im Voraus auf der Grundlage der „4 Cs“ exakt bestimmt werden.

Im nächsten Schritt werden die vom 3D-Scan erkannten Einschlüsse im Diamanten digital markiert, Diese Markierungen helfen später in der Planungsabteilung, den Stein für die Bearbeitung richtig vorzubereiten. Die Planer studieren den Stein mit Hilfe einer speziellen CAD-Software, auf der Basis des Galaxy-3D-Scans und der markierten Einschlüsse.

Die CAD-Software ist so programmiert, dass jeder geschliffene Diamant mit allen möglichen Schnitten und Lagen der Diamanten im Rohdiamant simuliert werden kann – das ist wirklich faszinierend. Die Software zeigt sofort die Preise der vorgeschlagenen Lösungen an, je nach Gewicht, Klarheit und Farbe. Hier wird also am PC entschieden, wie der Rohdiamant bearbeitet wird und in wie viele Einzeldiamanten er geteilt wird und wo der oder die Laserschnitte verlaufen werden.

Es gibt für jeden Rohdiamanten unzählige Möglichkeiten, die durchgespielt werden müssen, sodass eine Entscheidung nicht einfach ist. In der Regel gilt es, zunächst den oder die reinsten geschliffenen Diamanten zu bekommen, da hier der Preisunterschied am größten ist. Also wird zunächst versucht, die markierten Einschlüsse zu vermeiden. Ein kleinerer Diamant mit dem Merkmal „if“ (keine Einschlüsse) kann teurer sein als ein etwas größerer Diamant mit dem Merkmal „vs1“ (sehr kleine Einschlüsse).

Da von den Entscheidungen dieser Tätigkeit die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens abhängt, werden die Ergebnisse der Abteilung mit den Ergebnissen einer zweiten Planungsabteilung verglichen. Der finale Vorschlag wird dann nochmals vom Chefplaner endgültig kontrolliert.

Ist die Entscheidung dann gefallen, wird der Rohdiamant mit einer Lasermarkierung markiert, einer sehr feinen schwarzen Linie, die den Kollegen im Laserraum anzeigt, wie sie den Diamanten zu schneiden haben.





Einschlüsse werden digital markiert
                     Einschlüsse werden digital markiert (grün)
Die Aufteilung der Diamanten geschieht ebenfalls am PC
Die Aufteilung der Diamanten passiert ebenfalls am PC       





Laser-Steuerung am PC
                              Laser-Markierung für den Schnitt 
Laser-Markierung für das spätere Laser-Schneiden
Laser-Markierung                                         












Lage eines Diamanten in einem 3D-Scan. Grün sind vermiedene Einschlüsse, rot ist ein unvermeidlicher Einschluss.











   




© Copyright: Fotos und Text: Jochen Weber



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