Jochen Weber - Fotografie |  Fotoreportage
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Geschenke der Götter
Diamanten und Indien – eine Reportage
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Diamant unter dem Polariskop

Diamant unter dem Polariskop




Diamanten können in mehrere Richtungen gespalten werden. Diese Spaltbarkeit ist abhängig vom Aufbau des Kristallgitters. Beim Schleifen von Edelsteinen muss man die Spaltbarkeit berücksichtigen, da schon ein kleiner übermäßiger Druck an der falschen Stelle einen Diamanten spalten kann. Auch die Einwirkung großer Hitze, wie z.B. beim Lasern, kann an Stellen großer innerer Spannungen zum Bruch des Steines führen. Mit dem Polariskop kann man die optischen Eigenschaften, die „Mehrfarbigkeit“ eines Diamanten erkennen („Pleochroismus“). Die Ursache für diesen Effekt ist die ungleiche Absorption des Lichtes abhängig von seiner Ausbreitungsrichtung. Betrachtet man einen Diamanten durch ein Polariskop, kann man über die unterschiedlich reflektierten Farben die innere Spannung eines Diamanten erkennen! Dies ermöglicht die Bewertung des richtigen Startpunktes beim Lasern. Denn wenn man den Diamanten vom Punkt der höchsten Spannung schneidet, besteht die Gefahr, dass er zerspringt.



 


Diamant unter dem Polariskop                          Das Polariskop

Das Polariskop









Vorbereitung fürs Lasern

Vorbereitung fürs Lasern







Laserraum
                                                  Laserraum

Laservorgang
                         Laservorgang. Man sieht sogar den
                            Laserpunkt auf dem Diamanten


Für den Laservorgang wird der Stein mittels eines speziellen Gips-/Kalksteingemischs auf einem Kopf befestigt. Sobald das Gemisch ausgehärtet ist, wird der Kopf in der Lasermaschine befestigt. Diamanten eignen sich grundsätzlich für die Laserbearbeitung.

Die Diamanten werden bei diesem Vorgang gemäß der Markierung aus der Planungsabteilung durchgeschnitten. In der Regel so, dass die Einschlüsse entweder schon beim Lasern oder später beim Schliff wegfallen.

Der Diamant wird bei dem Verfahren durch die absorbierte Laserenergie direkt verdampft, ohne den flüssigen Aggregatszustand zu durchlaufen (Sublimation), der Kohlenstoff wird in CO2 umgewandelt und so rückstandsfrei verbrannt.

Herr Sanjay Bhalla der Firma Sanghavi Exports International erzählte mir beim Durchlauf durch die Abteilungen, dass es im Moment Vollbeschäftigung in Surat gäbe und dass die Firmen Nachwuchs bei den Diamantschleifern suchen.

Was die Anzahl an Arbeitern betrifft, die zur Zeit im Diamantensektor in Surat arbeiten, habe ich immer wieder unterschiedliche Angaben erhalten, aber es sollte bereits über eine Million sein, ungefähr 1/5 der Einwohner der Stadt! Allein die Diamantenschleiferei „Hari Krishna Exports“ beschäftigt in Surat über 6.000 Personen, in Mumbai nochmals etwas mehr als 3.000.











Modernster, sehr potenter Diamanten-Laser

Modernster, sehr potenter Laser - den darf ich nur bei geschlossener Türe fotografieren.



    




Wichtigste Bezeichnungen eines Diamanten


Doch was macht nun einen geschliffenen Diamanten aus und wie erkennt man seine Qualität? Im Juli 2010 traten neue Regeln zur Graduierung von Diamanten in Kraft. Sie werden nun auch offiziell als „5 Cs“ bezeichnet, wobei das 5. C für „Character“ steht. Die Instanz für die Autorisierung der Graduierungsregeln ist das „International Diamond Council“ in Antwerpen.

Das sind die „5 Cs“ (+ 1)
1. Carat =     das Gewicht
2. Clarity =     die Reinheit
3. Colour =     die Farbe
4. Cut =     der Schliff  
5. Character =     der Charakter
- - -
6. Confidence = das Vertrauen (in den Verkäufer)  

[Erklärungen zu den „5 Cs“ öffnen ...]


[Alles über Diamantformen ...]


[Diamantenpreise ...]




Lichtreflexion und Proportionen
 eines Diamanten



  

Schleifer bei der Fa. Hari Kishna Exports
                            Einer von mehreren Schleifräumen

Diamantenschleifer
                                          Diamantenschleifer


Ein geschliffener Diamant hat die höchste existierende Lichtbrechung (mit einem Koeffizienten von 2,42!) und einen starken Glanz, gepaart mit einer auffallenden Zerstreuung, weshalb er traditionell als Edelstein geschliffen wird. Die Brillanz eines Diamanten kommt durch die Gesamtmenge des weißen Lichts zustande, die im Inneren des Diamanten reflektiert wird.

Das sogenannte Feuer in einem Diamanten dagegen entsteht durch den Farbeindruck im Auge des Betrachters, wenn sich das weiße Licht beim Betrachten des Diamanten in seine Spektralfarben zerlegt, was durch die Facetten des Schliffs hervorgerufen wird. Der Diamantenschleifer hat also die Aufgabe, die beiden Eigenschaften Brillanz und Feuer eines Diamanten optimal auszubalancieren.

Aus diesem Grund benötigt ein Diamantenschleifer nicht nur Talent, sondern es gehört auch viel Erfahrung zu diesem Beruf. Perfekt geschliffene Steine steigern nochmals den Preis eines Diamanten, ganz unabhängig von den anderen Merkmalen. Somit hat ein Diamantschleifer ebenso eine wichtige, wirtschaftliche Verantwortung für das Unternehmen. Ein guter Diamantenschliff balanciert also die Facetten in ihrer Größe und Symmetrie sowie die Anordnung der Winkel und Proportionen optimal aus.

Denn erst wenn alle Details stimmen – hier ganz besonders das Größenverhältnis von Ober- zu Unterteil sowie die Tafelgröße im Verhältnis zur Höhe des Oberteils – ist eine Totalreflexion des Lichts möglich. Tritt das Licht dann durch die Tafel aus, zerlegt es sich in seine Spektralfarben. Dieser Vorgang („Dispersion“) lässt sowohl das Feuer als auch die Brillanz eines Diamanten voll entfalten. Sind Diamanten zu spitz oder zu flach geschliffen, kann das Licht nicht reflektiert werden und Brillanz und Feuer gehen verloren.






Facettenschliff

Facettenschliff





Der Schliff                Die Kontrolle

Diamantenschleifer. Hier zählt Erfahrung.







Die Schleifscheiben sind Metallscheiben, auf die das schleifwirksame Diamantpulver in einer galvanischen Nickelmatrix als dünne Schicht aufgebracht wird. Beim Schleifen werden dann die Facetten des Diamantschliffs in ganz bestimmten Winkeln angelegt. Es gibt dafür unterschiedliche Halterungen, die je nach Facettenart angebracht und dann in einem bestimmten Winkel auf die Schleifscheibe gehalten werden. Die Rundiste eines Brillanten ist sein breitester Teil. Nach ihrer Größe werden alle anderen Maße in Prozent angegeben. Die Rundiste sollte in einer Ebene liegen, nicht zu stark und nicht wellig sein. Optimal ist die Rundistenstärke „fein – mittel“. Um ein möglichst gutes Aussehen zu erzielen, werden die Rundisten in einem eigenen Arbeitsschritt bearbeitet. Sie sollte dabei gleichmäßig sein und keine großen Unterschiede in der Stärke haben. Die Stärke der Rundiste wird beim Schliff bestimmt, aber durch ein feines Nachschleifen mit einer Spezialmaschine wird sie in ihre bestmögliche Rundung und Form nach dem Schliff gebracht.

[Klassifikation des Schliffgrads der Rundiste öffnen ...]








Feinschliff der Rundiste
             
Der Feinschliff der Rundiste ist ein eigener Arbeitsschritt







Sobald ein Diamant komplett fertig geschliffen ist, werden zum Schluss alle Facetten noch poliert. Wenn dieses Polieren nicht ordnungsgemäß durchgeführt wird, kann dies Kratzer und Linien am Stein zurücklassen. Ein exzellent polierter Diamant weist aber praktisch keine Kratzer auf. Es ist empfehlenswert, bei einem Kauf eines Diamanten mindestens einen Polierungsgrad von „gut“ zu wählen. Bevor ein Diamant nun in den Verkauf kommt, werden nochmals alle relevanten Qualitäts-Paramanter am Mikroskop geprüft. Werden noch verbesserungswürdige Mängel entdeckt, geht der Stein zurück.





               
 
Erst zum Schluss werden die Diamanten poliert







Die hier geschliffenen Diamanten werden an Großhändler, Einzelhändler und Schmuckhersteller verkauft, ein Teil davon in Indien, aber auch in die USA. Wichtig für den Verkauf sind die Zertifikate des Gemological Institute of America (GIA). Alle Diamanten ab 1 ct. werden an das New Yorker Labor des GIA zur Zertifizierung geschickt. Dort werden sie geprüft und erhalten den GIA- Laser–Code für Diamanten auf der Rundiste eingraviert. Dieser Code wird in das Zertifikat übernommen und ist ihm so immer eindeutig zuzuordnen und der Stein immer eindeutig identifizierbar. Sanjay Bhalla erklärt: „Ein Diamant mit GIA–Lasercode wird auf diese Weise mit einem Schutz versehen, der beim Kunden noch mehr Vertrauen schafft.” De Beers „Forevermark“ verfolgt dasselbe Ziel. Man sollte also nie einen (größeren) Diamanten ohne international anerkanntes Zertifikat kaufen! Vorsicht geboten ist auch vor dem Begriff „enhanced“ im Zertifikat. Solche Diamanten wurden künstlich verbessert und sind weniger wert. Alle von den wichtigen, international anerkannten Instituten zertifizierten Diamanten werden mit einer speziellen Expertisennummer auf der Rundiste per Laser versehen, wie hier im Beispiel des GIA.

[Alle wichtigen Zertifikate ...]








Diamant unter dem Mikroskop                   Diamanten beim Wiegen

Endkontrolle unter dem Mikroskop und auf der Waage






GIA-Zertifikat
                           GIA-Zertifikat

GIA-Code auf der Rundiste
             GIA-Code auf der Rundiste (klicke zum Vergrößern)
„Vertrauen ist gut, Kontrolle aber besser“ passt bei Firmen, die mit Diamanten arbeiten, sehr gut. Bei der Firma Hari Krishna Exports, erklärt mir mein freundlicher Begleiter, Herr Gaurav Duggal, hat man das Problem der Kontrolle folgendermaßen gelöst: Jeder Diamant, der einem Mitarbeiter zur Bearbeitung ausgehändigt wird, wird registriert. Verlässt der Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz, muss er den oder die Diamanten wieder abgeben, wobei dies wieder registriert wird – so weiß man immer über den Verbleib der Diamanten Bescheid.

Das halte ich für eine gute Lösung, denn so erspart sich die Firma die extrem aufwändigen und lästigen Durchsuchungen der einzelnen Personen, was bei der Menge auch viel zu lange dauern würde.

Die Durchschnittslöhne der Arbeiter von Diamantfirmen hängen natürlich von ihren Fähigkeiten ab, aber auch von der Größe der Diamanten, die sie bearbeiten. Ein Diamantenschleifer, der Diamanten unter 3 Karat schleift, verdient einen durchschnittlichen Monatslohn von 18.000 bis 20.000 INR (5/2015: zw. 250 € und 280 €). Natürlich muss man diese Zahlen im Verhältnis zu anderen Löhnen und allgemeinen Lebenshaltungskosten in Surat sehen, so ist es ein durchschnittlich guter Monatslohn.

Vor allem die Mieten sind deutlich niedriger als z.B. in Mumbai, von wo in den letzten Jahren große Teile des Diamantengeschäfts nach Surat abgewandert sind. Zudem gibt es, zumindest in den von mir besuchten Firmen, gute Sozialleistungen und auch großartige Boni.

Die Leute wohnen teilweise in Firmenwohnungen, sie essen in den Firmenkantinen kostenlos zu Mittag, nachmittags gibt es kostenlosen „chai“ (Tee), es gibt einen firmeneigenen Tempel, einen angelegten Garten für die Mittagspause, bei Hari Krishna Exports sah ich sogar Massage-Sessel, wie sie oft an Flughäfen stehen. Die Firma besitzt auch eine eigene Schule für Diamantenschleifer, wo junge Arbeiter an die verantwortungsvolle Arbeit herangeführt werden.



Die größten Boni in ganz Indien gab es bei Hari Krishna Exports im Jahr 2014 zu Diwali, dem indischen Lichterfest, ein bedeutendes, mehrtägiges hinduistisches Fest, das man vielleicht wegen seines spirituellen und sozialen Bezugs mit dem christlichen Weihnachten vergleichen kann. 1.200 Angestellte der Firma, die sich für das firmeneigene „Loyalitätsprogramm“ qualifiziert hatten, konnten als Bonus zwischen drei Geschenken auswählen: einem Fiat Punto, einer Anzahlung für eine 2-Zimmer-Wohnung oder Gold- und Diamantenschmuck.


[Zitate, Dank und beteiligte Personen ...]









End





   




© Copyright: Fotos und Text: Jochen Weber



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