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Vom Ursprung des Kaffees

Fotoreportage über den Kaffee-Anbau in Äthiopien





Kaffee in Äthiopien








„Teret, Teret“ – „Eine Geschichte, eine Geschichte“! So ruft der traditionelle Erzähler in Äthiopien, um den Anfang einer neuen Geschichte anzukündigen. „Yelam Beret. Yemeseret“ antworten dann halb singend in Reimform die aufgeregten Kinder und Jugendlichen, was „Kuhstall“ und „Gründung, oder Ursprung“ bedeutet (= Geschichten, die der Tradition Rechnung tragen).

So beginnt ein typischer Abend der äthiopischen Erzähltradition. Dieses zeitlose Ritual bedeutet eine gute Zeit des Beisammenseins, in der das ganze Dorf über Gott und die Welt, ihre eigene Identität und unzählige andere Fragen diskutiert, die die Menschen seit jeher beschäftigen. Ist die spannende Geschichte dann fertig erzählt, endet der Erzähler mit dem Reim „Teretayn Melesu, Afayn Bedabbo Abesu“, was so viel bedeutet wie „Als Gegenleistung für meine Geschichte gebt mir etwas Brot zum Kauen“. Danach übernimmt dann der oder die nächste die Rolle des Geschichtenerzählers, und beginnt ebenso mit „Teret, Teret …“ eine weitere spannende und lehrreiche Geschichte.





                        Holzhütte mit Strohdach „Tukulus“
Die alten äthiopischen Geschichten und Volksmärchen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden, sind vor allem sehr beliebt bei Kindern und Jugendlichen. Diese Geschichten lehren ihnen die Geschichte ihres Landes, die Kultur und die Weisheit, was zu tun und zu lassen ist; sie lehren ihnen Humor sowie den Umgang mit alltäglichen Schwierigkeiten.

Die Kinder reflektieren, weinen und lachen dabei. Solche Geschichten sind aber auch notwendig für die Erwachsenen, da sie die Grundsätze des Lebens von Generation zu Generation weitergeben.

Und nun lassen Sie mich Ihnen eine Geschichte erzählen, die äthiopische Geschichte vom Ursprung des Kaffees!







Teret, Teret ...

„Vor langer Zeit lebte in einem kleinen Dorf in der äthiopischen Region Kaffa der Ziegenhirte Kaldi. Kaldi war ein smarter Junge und er arbeitete von morgens früh bis spät am Abend, um seine Eltern finanziell zu unterstützen. Kaldi und seine Ziegen verließen jeden Tag das Haus bei Sonnenaufgang.

Sie nahmen einen schmalen Pfad den steilen Berg hinauf, bis sie den Wald mit dem frischen Gras erreichten. In dem Wald gab es klares Quellwasser, jede Menge Gras und viele Früchte, weshalb Kaldi und seine Ziegen sehr gerne hierherkamen. Eines Tages, als der Tag langsam zu Ende ging, hörte Kaldi auf dem Nachhauseweg einen Schrei einer Ziege aus dem Wald – schnell zählte er seine Ziegen. „Oh nein“, rief er, „es fehlt eine Ziege“! „Die Ziege könnte von einer Hyäne angefallen worden sein“, sorgte er sich. Also ging er in den Wald, um seine Ziege zu suchen.

Tief im Wald fand er die verlorene Ziege, wie sie auf und ab hüpfte. Es war das erste Mal, dass Kaldi eine der sonst so ruhigen Ziegen so lebhaft vorfand. Die Ziege hatte augenscheinlich die roten Beeren von einem der Bäume gefressen. Die anderen Ziegen versammelten sich um sie und begannen ihr nachzueifern. Wie die andere Ziege begannen auch sie auf und ab zu springen. Von den lebhaften Ziegen ermuntert probierte nun auch Kaldi diese roten Früchte.

Und was meint ihr, was dann passierte? Kaldi verspürte eine Frische in seinem Körper und er wurde ebenso vergnügt wie seine Ziegen. Kaldi pflückte viele von den roten Kirschen und begab sich vergnügt mit seinen springenden Ziegen auf den staubigen Pfad in Richtung seines Dorfes. Zu Hause begab er sich sofort zum Priester des dortigen Klosters. Dieser glaubte ihm aber kein Wort und Kaldi war enttäuscht, dass man ihn nicht ernst nahm. Traurig ließ er die Kirschen zurück und ging mit seinen Ziegen nach Hause.



























Die Mönche des Klosters aber, die dem Gespräch zwischen Kaldi und dem Priester zugehört hatten, ließen nicht vom Thema ab und zeigten großes Interesse an den roten Kirschen. Am Ende nahm einer von ihnen ein paar von den Kirschen und kaute sie vorsichtig. Und was meint ihr, was dann passierte? Schon nach kurzer Zeit fühlte er eine Frische in seinem Körper und er wurde so lebhaft, wie Kaldi es erzählt hatte. In dieser Nacht gab es in dem Kloster langwierige Gebete, die die ganze Nacht andauern sollten.

Aber in dieser Nacht blieben die Mönche, die sonst gerne einmal einnickten, hellwach, denn alle hatten sie von den roten Kirschen gegessen. Der Priester fragte einen der Mönche, was da vor sich gehe. Dieser erzählte ihm, dass sie alle von den roten Kirschen versucht hätten. „Das ist ein Fluch, das muss mit dem Teufel zugehen!“ Der Priester warf die restlichen roten Kirschen in das brennende Feuer. Und was meint ihr, was dann passierte? Mit dem Rauch des Feuers lag plötzlich ein verführerisches Aroma in der Luft und jeder war von diesem Aroma verzaubert.


Viel Zeit ist seit diesen ereignisreichen Tagen vergangen. Die roten Kirschen, die Kaldi gefunden hatte, wurden in vielen Ländern außerhalb Äthiopiens eingeführt und sie wurden in der Welt bekannt und beliebt als ein Getränk, das man „Kaffee“ nennt. Das ist der Beginn der Geschichte des Kaffees, der in Äthiopien entdeckt wurde.“




















"Kaffeegürtel"










In Äthiopien wächst zu 100% Arabica-Kaffee. Neben diesem äthiopischen Arabica-Kaffee stammt der Canephora-Kaffee (Robusta) ursprünglich aus dem Kongo und der Liberica-Kaffee aus Liberia. Dieses sind die drei typischen Kaffee-Arten aus den Zeiten der Entdeckung des Kaffees. Sie stammen alle aus Afrika, aber vor allem die Europäer verbreiteten diese Samen in die ganze Welt. Aus diesem Grund wird heute Kaffee in Mittel- und Südamerika, Indonesien, Hawaii, Vietnam und seit neuestem auch in China angebaut. Die Robusta- und Liberica-Samen, die widerstandsfähiger gegenüber Krankheiten und Schädlingen sind, wachsen in tieferen Lagen als Arabica-Kaffee und weisen eine hohe Produktivität auf.


In den wilden Wäldern im Süden und Südwesten Äthiopiens wachsen die Bäume mit wildem Kaffee noch in der gleichen Weise, wie man sie schon von Anfang an vorfand. Diese Bäume gelten als die Vorfahren der heutigen Arabica-Kaffeebäume, weshalb sie die Einheimischen als Mutterbäume des Kaffees verehren und ihren Besitz von Generation zu Generation weitervererben. Ihre durchschnittliche Höhe beträgt ca. 2 m, einige sind aber auch 6 - 8 m hoch. Sie wachsen in einer reichen, laubhaltigen Erde, die gleichzeitig das Wasser ablaufen lässt und doch die Feuchtigkeit hält. Die Höhenlage beträgt 1.100 m - 2.100 m über dem Meeresspiegel, der jährliche Niederschlag liegt bei 1.500 mm - 2.500 mm. Diese Nebelwälder sind eine der artenreichsten Regionen der Welt, in ihnen gibt es mehr als 700 Arten von Pflanzen, darunter auch Heilpflanzen, rund 300 Vogelarten leben hier sowie Antilopen, Büffel und Leoparden, ja sogar Löwen.


Arabica-Kaffee gehört zu den wenigen großen Welthandelsprodukten, die noch in ihrer ursprünglichen Form als Wildpflanzen in ihrer Heimat existieren. Forschungsergebnisse der Universität Addis Abeba belegen, dass es etwa 60 genetische Stämme von Kaffee gibt.  Diese genetische Vielfalt tritt immer mehr in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, denn diese ursprünglichen, wilden Kaffees haben eine enorme kulturelle Bedeutung und einen großen biologischen Wert: 1970 konnten Gene eines Kaffeebaums aus den äthiopischen Wäldern durch Kreuzung ein ernsthaftes Problem eines Befalls mit dem Rostpilz in Kaffeeplantagen in Lateinamerikas lösen. Dies verhinderte dort eine ernste Wirtschaftskrise.

Der Wert des Erbes dieses Wildkaffees ist so gesehen unermesslich. Allerdings werden die äthiopischen Wälder, in denen der Wildkaffee wächst, jedes Jahr immer kleiner. Es heißt, dass zwei Drittel der Wälder in Äthiopien bereits verloren sind, und es besteht die Sorge, dass die Wälder, die den wilden Arabica-Kaffee beheimaten, irgendwann aussterben. Um dies zu verhindern, hat es der Naturschutzbund Deutschland (NABU) im Jahr 2010 geschafft, die Wildkaffe-Wälder in der Region Kaffa als  UNESCO-Biosphärenreservat anerkennen zu lassen. Dieses Biosphärenreservat ist mit rund 760.000 Hektar etwa halb so groß wie Schleswig-Holstein. Ein großer Teil davon wird von immergrünen Bergnebelwäldern eingenommen, die zahlreiche seltene Tier- und Pflanzenarten beherbergen. Besonders berühmt aber sind die Wälder für die letzten Vorkommen des wilden Arabica-Kaffees.

Die äthiopischen Arabica-Bohnen haben insgesamt ein ausgezeichnetes Aroma. Die Einzigartigkeit des Kaffees in seiner „Heimat“ liegt aber auch in der traditionellen Art des Anbaus. Dieser wird in die vier folgenden Kategorien eingeordnet.


Der Waldkaffee (Forest Coffee) wird in den wilden und tropischen Wäldern in der südwestlichen Bergregion Äthiopiens (Kaffa) geerntet. Der Wald wird mit einem Mindestmanagement wie z.B. dem Schneiden des Unterholzes gepflegt. Dieser Wildkaffee beträgt ca. 5-6% der Gesamtproduktion des äthiopischen Kaffees.

Während der Wald beim Waldkaffee so gelassen wird, wie er ist, wird er beim Semi-Waldkaffee (Semi Forest Coffee) durch die Landwirte etwas ausgedünnt, und die wilden Kaffeebäume werden aktiv behandelt, etwa wie auf einer Plantage. Diese Art der Kaffeebehandlung findet im Allgemein im Süden und Südwesten von Äthiopien statt. Dieser Kaffee deckt ca. 20% der gesamten äthiopischen Kaffeeproduktion.

Der sogenannte Gartenkaffee (Garden Coffee) ist die häufigste Art, wie der Kaffee in Äthiopien angebaut wird. Die Bauern pflanzen ein paar, meistens gezüchtete Kaffeebäume in ihren Hinterhöfen, jäten Unkraut, hacken die Erde und mulchen den Boden das ganze Jahr über. Gartenkaffee wird im Süden und im Osten Äthiopiens von Kleinbauern angebaut. Die Produktivität dieser Anbaumethode ist sehr viel höher als die der vorher genannten Methoden.

Mit dem Plantagenkaffee (Plantation Coffee) wird der Kaffee effizient und in moderner Art und Weise in großen Feldern angebaut. Dafür verwenden die Landwirte in ihren Plantagen hochwertige, gezüchtete Samen und achten auf ausreichend Platz zwischen den Setzlingen. Der Plantagenkaffee besitzt einen Anteil von nur etwa 4% der Gesamtproduktion, nimmt aber rasant zu.




























Plantagenkaffee










Kaffee-Anbauregionen in Äthiopien






















Wie auch bei anderen Nutzpflanzen, so unterscheidet sich der Geschmack des Kaffees je nach Anbauregion und Wetterverhältnissen. In Europa wird das Aroma des traditionell sonnengetrockneten äthiopischen Kaffees als „sehr gut“ und „blumig wild mit einem Aroma von Zitrone und Wein“ beschrieben. Die äthiopische „Coffee & Tea Authority“ ordnet ihre Kaffeeanbaugebiete mit ihren dazugehörigen Aromen wie folgt ein (1999):

• Region Harrar: Harrar-Kaffee ist einer der beliebtesten Kaffees der Welt. Er ist berühmt für sein reiches Aroma, für seinen weinähnlichen Nachgeschmack, für seinen ausgeprägten Körper sowie für sein typisches Mokka-Aroma. Harrar-Kaffee ist schwer zu bekommen, da ein großer Teil der Ernte zu überteuerten Preisen nach Saudi-Arabien geliefert wird.

• Region Yirgacheffe: Die Region Yirgacheffe ist ebenso bekannt für ihren hochwertigen Kaffee, der in Äthiopien produziert wird. Er hat einen starken, ausgeprägten Geschmack und kombiniert zitrus-artige mit blumigen Aromen.

• Region Sidamo: Kaffee aus der Region Sidamo ist besonders bei Kaffeeliebhabern sehr beliebt. Gewürzhaltige Aromen verbinden sich mit einem weichen, ausgewogen bitteren Geschmack.

• Region Kaffa: Dieser Kaffee ist sehr wohlschmeckend und hat einen nachhaltigen Körper, gleichzeitig aber auch einen weinähnlichen Nachgeschmack. Einen besonders intensiven, starken Geschmack hat der von hier stammende Wildkaffee.

Es gibt aber auch weitere Kaffee produzierende Regionen wie Bebeka, Tepi, Limu, Illubabur und Nekempti/Lekempti.


Die roten, voll ausgereiften Kaffeebohnen werden von den Mitgliedern der Bauernfamilien in all diesen Regionen etwa im Oktober und November von Hand gepflückt, und dann zu frischen, rohen Bohnen verarbeitet. Der Kaffee wird in Äthiopien sowohl sonnengetrocknet als auch gewaschen. Die getrockneten Kaffeekirschen bringen die Bauern nach dem Trocknen in der prallen Sonne zur am nächsten gelegenen Sammelstation. Dort werden die getrockneten Kirschen nochmals sorgfältig von Ästen, Blättern und Steinchen gereinigt und das getrocknete Fruchtfleisch wird von den Bohnen abgetrennt. Danach werden die Kaffeebohnen noch nach ihrer Größe sortiert und zunächst eingelagert. Die getrockneten Bohnen werden solange in der Lagerhalle aufbewahrt, bis der Kaffeepreis steigt. Wenn es keine Sammelstation in der Nähe des Bauern gibt, verkauft er den Kaffee nach dem Trocknen auch direkt an einen Zwischenhändler.

Wird der Kaffee gewaschen, bringen die Bauern die geernteten Kaffeekirschen noch am Tag der Ernte zur nächsten Sammelstation, wo sie gewaschen werden können. Dort wird das Fruchtfleisch der Kaffeekirschen entfernt und die Bohnen werden dann ohne das Fruchtfleisch in der Sonne getrocknet. Danach werden Kaffeebohnen vom Herstellerverband oder einem Broker zur einer Niederlassung der staatlichen Prüfstelle des „Ethiopia Commodity Exchange“ (ECX ) gebracht, wo der Kaffee auf seine Qualität hin geprüft wird. Dieser ECX ist ein neuartiger Zusammenschluss der wichtigsten Marktteilnehmer, der Börse und der äthiopischen Regierung, in dem Käufer und Verkäufer zum Handeln unter kontrollierten Bedingungen zusammentreffen. Durch diesen Zusammenschluss wird eine Qualitätssicherung des Kaffees sowie der Zahlungs- und Lieferungsmodalitäten gewährleistet. Der Käufer (Importeur) kauft den Kaffee über eine Auktion und lagert ihn zunächst für eine weitere Prüfung und Weiterverarbeitung ein. Danach verpackt er den Kaffee für den Export. 28% des äthiopischen Kaffees wird nach Deutschland exportiert und 22% nach Japan, also wird die Hälfte der äthiopischen Kaffeeproduktion in diese beiden Länder verkauft.














Besuch der Original-Kaffeebäume

In einer Tagesreise fuhr ich von Addis Abeba nach Bonga, einer kleinen Stadt im Zentrum der Region Kaffa im Süd-Westen von Äthiopien. Mein Ziel waren die Wälder des Kaffa-Biospärenreservats der UNESCO und der deutschen Organisation NABU, in denen noch natürliche, wilde Kaffeebäume wachsen. Unterwegs nach Bonga kamen wir an wunderbaren Landschaften vorbei und fuhren durch riesige Flächen Weideland sowie durch das ehemalige Waldhochland, nun voll bepflanzt mit Teff, dem traditionellen äthiopischen Grundnahrungsmittel, aus dem das weiche gesäuerte Fladenbrot Injera hergestellt wird.

Bonga ist eine kleine Stadt, in deren Umgebung viele Familien vom Kaffee leben. Überall in der Stadt riecht es ständig nach frisch geröstetem Kaffee der Kaffeezeremonien, denn der Kaffee spielt im Alltag der Äthiopier eine große Rolle: Durchschnittlich dreimal am Tag wird Kaffee frisch geröstet und zubereitet, oder in einer der unzähligen Café-ähnlichen Buden eingenommen. Am Rande der wilden Kaffeewälder haben Bauern ihre runden Hütten (Tukulus) gebaut, in denen sie in der Erntezeit von Oktober bis Januar leben. Im Wald selbst war es ein sehr erhabenes Gefühl, zwischen all den alten, wilden und originalen Kaffeebäumen zu stehen.

Ich war überrascht, wie groß die Bäume sind, als ich über mir die noch nicht geernteten roten, reifen Kaffeekirschen entdeckte. Ich hatte kleinere Kaffeebäume erwartet, denn ich kannte bisher nur die kleineren Kaffeebäume auf Kaffeeplantagen. Die Früchte, die nicht gepflückt werden, fallen einfach auf den Boden. Die darin enthaltenen Samen lassen wieder und wieder neue Bäume sprießen und die Menschen, die hier leben, ernten wieder deren Früchte. Dies ist der Kreislauf des wilden Kaffees und des Dorflebens seit der Zeit von Kaldi, dem Ziegenhirten. Die Menschen können aber leider oft von den Einnahmen des Kaffees allein nicht überleben. Deshalb bauen sie, wenn es der Platz erlaubt, auch noch Weizen und Mais an. Sinkt der Kaffeepreis zu sehr, roden manche Bauern den Wald für neue Nutzflächen, was wiederum den Bestand der Kaffeewälder gefährdet.

Von einem der Kaffeebauern werde ich zu einem Kaffee eingeladen. Wir sitzen vor der Lehmhütte, in der die Frau des Bauern den Kaffee zubereitet – dies ist seit jeher Frauensache und Mädchen werden im Alter von 10 Jahren in die Kunst der Kaffeezubereitung eingewiesen. In der Lehmhütte röstet die Frau den Kaffee, danach werden die noch warmen Kaffeebohnen mit einem Stößel zu Pulver zerstoßen. Zum Schluss wird das Kaffeepulver mit dem Wasser auf dem offenen Feuer aufgekocht. Dann bringt uns die Bäuerin aus der Lehmhütte einen sehr starken, schwarzen und dampfenden Kaffee. Zum Glück wird mir dazu Zucker angeboten, denn die Äthiopier trinken ihren Kaffee gerne auch gesalzen. Der Bauer neben mir bietet mir als Begleitsnack zum Kaffee mit der Geste für „Essen“ frisch geröstete Gerstenkörner an. Das passt erstaunlich gut zum Kaffee! Während wir ohne zu reden Kaffee trinken und Gerste essen, habe ich zum ersten Mal das Gefühl, Land und Leute etwas besser zu verstehen.



























                                  Weg zum "Kaldi-Dorf"



                        Imam Abba Giddi


Besuch beim Imam

Durch Gespräche mit Einheimischen erfuhr ich, dass die Ansammlung von Gebäuden, wohin der Ziegenhirte Kaldi seine roten, reifen Kaffeekirschen getragen hatte, noch heute existiert.

Ein halbe Stunde Autofahrt und ein 20-minütiger Fußmarsch brachten mich und einen Dolmetscher sogleich dorthin! Gemäß Überlieferung war dies früher eine Klosteranlage äthiopischer Christen, heute steht dem muslimischen Dorf ein Imam vor. Er heißt Abba Giddi und er war spontan für ein kurzes Gespräch bereit, sogar ein Porträt durfte ich von ihm machen. Mein Ziel war es, noch mehr über die Ursprungslegende des Ziegenhirten Kaldi und ihren anzunehmenden Wahrheitsgehalt herauszufinden.

Der Imam erzählte mir nochmals die Geschichte von Kaldi, den er dabei aber Kali oder wechselweise Kalliti nannte. Danach berichtete er mir sehr überzeugt, dass ihm die Geschichte über die traditionelle Form des äthiopischen Erzählens von seinem Vater so erzählt wurde und diesem bereits von seinem Vater und so fort; und da beide sehr alt wurden, könne er allein schon über drei Generationen und einen langen Zeitraum der überlieferten Geschichte zurückblicken!

“Nein nein, lieber Besucher, das ist keine Legende, sondern tradierte und wahrhaftige äthiopische Geschichte!”, sagte mir Abba Giddi im Brustton tiefster Überzeugung.





                                                Das Dorf heute











Epilog - Die Geschichten und Legenden über den Kaffee

Die Geschichte von Kaldi wird, abgesehen von den Namen Kali oder Kalitti, in drei unterschiedlichen Varianten erzählt. In einer Variante, so wie hier in dieser Reportage erzählt, schmeißen die Mönche die Kaffeekirschen ins Feuer und entdecken so die Kaffeeröstung gleich mit. In einer zweiten Variante fehlt dieser Teil, die Mönche versuchen die rohen Kaffeekirschen und die Röstung wird erst viel später entdeckt. In einer dritten Variante versuchen Kaldi und die Mönche zunächst nur die Blätter des Kaffeebaumes und entdecken erst viel später die Kaffeekirschen, die natürlich eine viel stärkere Wirkung haben. Je nach Quelle datiert diese Geschichte der Entdeckung des Kaffees vom 2. bis zum 6.- 8. Jh. Das erste schriftliche Zeugnis der Geschichte von Kaldi verfasste der libanesische, in Rom lebende Sprachwissenschaftler Antoine Faustus Nairon in seinem Buch „De Saluberrima potione Cahue seu Cafe nuncupata Discurscus“ im Jahr 1671. Die Legende vom äthiopischen Ziegenhirten Kaldi ist die am weitesten verbreitete, und man ist sich ziemlich einig darüber, dass die in dieser Legende angesprochene Region Kaffa im abessinischen Hochland in Äthiopien tatsächlich die ursprüngliche Heimat der Kaffeepflanze ist.

Aber es gibt noch weitere Ursprungslegenden, von denen ich hier der Vollständigkeit halber die wichtigsten aufführe.

Sheikh Umar: Diese Legende der Entdeckung des Kaffees stammt aus dem Jemen, wo der Priester Sheikh Umar die Auswirkungen der Kaffeefrucht bei Vögeln bemerkt haben soll und diese Neuigkeit verbreitete. Leider mangelt es an schriftlichen Hinweisen, die den Wahrheitsgehalt dieser Legende belegen könnten.

Naironus Banesius: Dieser Maronitenmönch soll Mitte des 17. Jh. in Kaffa in Äthiopien eine Viehherde beobachtet haben, die sich sonderbar benahm. Ihm fiel auf, dass die Tiere ungewöhnlich lebhaft waren, bis spät in die Nacht keine Ruhe fanden und keinerlei Anzeichen von Müdigkeit zeigten. Der Mönch fand heraus, dass die Tiere die gelben und roten, kirschenähnlichen Früchte einer Pflanze gefressen hatten. Der Mönch fertigte einen Sud aus den Früchten dieser Pflanze an und stellte fest, dass seine Müdigkeit verschwand und er problemlos nachts wach bleiben konnte.

Der Prophet Mohammed: Eine sehr anderslautende Legende erzählt vom großen Propheten Mohammed. Orientalische Erzähler berichten, dass der Erzengel Gabriel dem schwer kranken Propheten mit einer Schale heißer, dunkler Flüssigkeit erschien, die er „quawa“ nannte. Nach dem Genuss dieses Getränks wurde Mohammed sehr schnell gesund und gewann seine Lebensgeister zurück. So konnte er mit Hilfe dieser himmlischen Stärkung ein riesiges islamisches Reich zusammenführen, wie es die Welt bis dahin noch nicht gesehen hatte.

Der Derwisch Omar: Die Legende, die nicht fehlen darf, ist die des jungen Derwisches (muslimischer Bettelmönch) namens Omar. Dieser wurde verleumdet, unschuldig verurteilt und dann mit seinen Gefährten in eine abgelegene Steinwüste verbannt. Am Ende seiner Kräfte, halb verhungert und verdurstet, versuchte er von den Früchten eines ihm unbekannten Strauches und kochte daraus einen Sud. Dadurch wie durch ein Wunder genesen, konnte er in die Stadt zurückkehren und er erzählte von der magischen Frucht. Nun wollte jeder von dieser Frucht kosten, Omar wurde mit Ehrungen überhäuft und vom Kalifen bekam er sogar einen Palast geschenkt.

Der Name des Kaffees
Über die Herkunft unseres Namens „Kaffee“ gibt es unterschiedliche Theorien. Die erste lautet, dass Kaffee seinen Namen von „Kaffa“ bekommen hat, also dem Namen der Region, in der er entdeckt wurde. Die zweite Theorie, die man in der Literatur weit häufiger als Erklärung vorfindet, besagt, dass der Name um das Jahr 1600 herum teilweise aus dem arabischen Original „qahwah“ und teilweise aus der türkischen Form „kahveh“ in die europäischen Sprachen adaptiert wurde.

Auch wenn sich in sehr vielen Ländern der Welt der Namen für das Getränk auf dieser Basis durchgesetzt hat, so heißt der Kaffee auf Amharisch, der äthiopischen Amtssprache, aber „bunna“, in anderen äthiopischen Sprachen „bun“, „buna“ oder „bona“ (aber auch z.B. „kawa“). Den Namen „Bunna“ für Kaffee vergaben früher die Karawanenhändler, die ihn über das gesamte äthiopische Hochland transportierten. Diese Händler wurden damals oft zum Kaffee zu Hause bei einer lokalen Familie eingeladen, die Frau des Hauses bereitete den Kaffee für die Karawanenhändler zu. Diese Frau wurde „Genne Bunno“ oder „Genne Bunne“ genannt, wobei „Genne“ Frau bedeutet. Bis heute ist es eine gute Tradition und Sitte bei den Menschen in Kaffa, denen die Kaffeepflanzen gehören, dass sie ihren Familien und Freunden Kaffeekirschen oder -bohnen per Paket schicken mit der Aufschrift „Bunno-Kaffa“, was „Kaffee aus Kaffa“ bedeutet.











Kaffee mit dem Gewürz „Tena Adam                    






Typische äthiopische Kaffeekanne „Jebena    







Wer nun nicht nur über den äthiopischen Kaffee lesen, sondern ihn auch einmal
ausprobieren möchte, kann ihn bei unserer Rösterei "Café Aroma" auch gerne bestellen.





Kaldi – Café Aroma - Lisbon Coffee Roasters (cafe-aroma.net)





© Copyright Fotografien und Text: Jochen Weber




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