Jochen Weber - Fotografie |  Fotoreportage
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Baba Budan und die sieben Wundersamen
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                   Kurze Pause beim Kaffee-Transport in Kabbinakad

Arbeiter laden den Kaffee an der Trockenstelle aus                        


 




Manche Felder der Kaffeefarm von Suresh Chengappa liegen etwas weiter entfernt. Von dort muss der Kaffee nach der Ernte zu den Trockenflächen auf der Farm transportiert werden, dies geschieht in zum Teil ziemlich schweren Säcken. Da die Arbeiter nach der geernteten Kaffeemenge bezahlt werden, wird jeder einzelne Kaffeesack gewogen, bevor der Kaffee zum Trocknen ausgebreitet wird. Die Gewichte werden pro Person notiert – als Basis für die wöchentlichen Lohnauszahlungen am Dienstag. Ein angestellter Arbeiter bekommt pro Kilo geernteter Kaffeekirschen 3 INR, ein externer Saisonarbeiter bekommt 2 INR pro Kilo*. Im Durchschnitt schaffen sie an einem Tag zwischen 100 und 135 Kilo Kaffeekirschen zu ernten. Hochgerechnet ist das ein Ca.-Verdienst zwischen 6.000 und 8.000 INR im Monat.
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*= Der Wechselkurs zum Zeitpunkt der Erstellung der Reportage im Februar 2014 betrug 1 € : 84 INR)
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Farm mit Trockenfläche












                                   Jede/r hat dabei so seine Technik

Auch die Frauen tragen die schweren Säcke                          










Die Kaffeesäcke werden gewogen ...







Wie bereits beschrieben, wird der Lohn traditionell in dieser Region immer dienstags a
usbezahlt, so dass mittwochs und donnerstags niemand zur Arbeit erscheint, dafür aber dann wieder samstags und sonntags. Nicht zu vergessen bei den geringen Löhnen ist, dass viele der Arbeiter sehr günstig oder sogar kostenlos auf dem Farmgelände wohnen können und dass die Schule samt Lehrmaterial und Schulkleidung für die schulpflichtigen Kinder vom Staat gestellt werden, ebenso wie eine Mahlzeit am Tag an der Schule sowie der Transport zur Schule und nach Hause. Ebenso werden Grundnahrungsmittel und Gas zum Kochen vom Staat stark subventioniert. Zur Gegenüberstellung mit dem Verdienst pro Kilo geerntetem Kaffee: Der durchschnittliche Einzelhandelspreis von Rohkaffee in Bangalore betrug im Jahr 2012 für Arabica-Kaffee 288 INR pro Kilo und für Robusta-Kaffee 130 INR pro Kilo.










                    ... und die Gewichte pro Person in ein Heft eingetragen

           Dienstag ist Zahltag: nach der Arbeit zahlt Suresh Chengappa den Lohn aus








Auch in Indien wird der Kaffee nach der Ernte mit den beiden Methoden "Trocken- und Nassaufbereitung" verarbeitet. Die Trockenaufbereitung ist dabei die traditionelle Methode, die bei den meisten Kleinbauern Anwendung findet. Dazu werden die Kaffeekirschen direkt nach der Ernte auf den Trockenflächen ausgelegt, um sie in ihrer Hülse in der Sonne zu trocknen. Bei der Nassaufbereitung hingegen werden die Kaffeebohnen direkt nach der Ernte in Wasser aufgeweicht und gewaschen, danach enthülst und die Bohnen in der Pergamenthülle in der Sonne getrocknet. Der Kaffee liegt ca. 1 Woche zum Trocknen aus, immer wieder wird er gewendet, damit er nicht anfängt zu schimmeln. Ist das Wetter regnerisch oder instabil, wird der Kaffee abends aufgehäuft und mit Planen abgedeckt, damit er nicht wieder nass wird. Kaffee, der vom Boden aufgesammelt wurde, wird gesondert gereinigt, d.h., von Ästchen, Steinchen und Blättern getrennt.









Die Arbeiterin wendet den Kaffee regelmäßig, um Schimmelbildung zu vermeiden








 

        Diese Arbeiterinnen reinigen vom Boden aufgesammelten Kaffee ...

... von Erde, Ästen und Steinchen                                 










               Diese breiten den Kaffee zum Trocknen in der Sonne aus ...

... und decken ihn abends und vor Regen ab                             










Ist der Kaffee getrocknet, wird er für den Transport zur 'Coffee Mill' wieder eingepackt







Zwischen dem Ende der Ernte und der nächsten Blüte werden die Kaffeebäume regelmäßig beschnitten. Dabei entfernen 3-4 Arbeiter alle unproduktiven Äste, von Baum zu Baum! Auf diese Weise haben die produktiven Äste nach der nächsten Blüte mehr Kraft zur Ausreifung der Kaffeekirschen, was die Produktivität insgesamt steigert. Allerdings sieht so ein beschnittenes Kaffeefeld furchtbar aus ...  

















                            Unproduktive Äste werden abgeschlagen, ...

       ... verrotten und dienen als Dünger









Der Großteil der indischen Kaffeeproduktion wird exportiert und die heimische Industrie konzentriert sich bei ihren Marketing-Anstrengungen hauptsächlich auf die Exportförderung. Zwar steigt die Beliebtheit von Kaffee in Indien langsam, aber der häusliche Konsum, der die Nachfrage signifikant steigern könnte, stagniert seit Jahren und ist weiterhin auf Teile des südlichen Indiens beschränkt, wo Kaffee traditionell stärker verbreitet ist. Die wichtigsten Triebfedern des indischen Kaffeemarktes sind der indische Filterkaffee, der hauptsächlich in vegetarischen Restaurants ('darshinis') in Südindien serviert wird - das ist ein guter Kaffee, ähnlich wie, nur etwas weniger und stärker als der Filterkaffee in Deutschland - sowie der Verbrauch von löslichem Kaffee in weiten Teilen Nordindiens, der aber eher wie ein Tee mit Kaffeegeschmack schmeckt - sofern man ob des vielen Zuckers überhaupt noch etwas vom Kaffee rausschmeckt!

Cafés und Café-Ketten breiten sich langsam, aber sicher in Indien aus, dennoch
betrug der Jahreskonsum von Kaffee 2012 nicht mehr 25.000 60-kg-Säcke, das sind rund 1.500 Tonnen. Cafés verkaufen also (noch) nicht genug Kaffee für einem spürbaren Anstieg beim inländischen Kaffeeverbrauch. Auf längere Sicht werden Cafés wahrscheinlich eine bedeutende Rolle in der Veränderung des Konsums und der Einstellung der  Verbraucher zum Kaffee spielen, aber die unmittelbaren Auswirkungen auf den Verbrauch sind im Moment noch überschaubar. Bis sich eine stärkere Binnennachfrage entwickelt, setzt Indiens Kaffeeindustrie weiterhin auf den Export. Darüber hinaus regen steigende Kaffeepreise den Verbraucher wahrscheinlich nicht dazu an, mehr Kaffee zu konsumieren. So ist der Gebrauch von Chicorée im Kaffee auf dem heimischen Markt nach wie vor weit verbreitet. Viele Kaffeeprodukte enthalten in der Regel 20 bis 30 Prozent Zichorien und viele indische Verbraucher bevorzugen sogar den Geschmack von Chicorée in ihrem Kaffee!









Portrait einer Arbeiterin und eines ...      

      ... Arbeiters der Kaffee-Farm "Honey-Valley", Karnataka








Kleine Kaffeepflanzer verkaufen ihren Kaffee in der Regel an "Kaffee-Mühlen" vor Ort, die den Kaffee enthülsen und reinigen. Diese 'Coffee Mills' wiederum verkaufen den Rohkaffee dann weiter an Exporteure. Größere Kaffee-Farmer lagern ihren Kaffee vor dem Verkauf zwischen, um besser auf sich verändernde Marktpreise reagieren zu können, und verkaufen ihren Kaffee dann zu einem günstigen Zeitpunkt, über Auktionen oder exportieren ihn direkt.

Diese "Kaffee-Mühlen" haben eigentlich den falschen Namen, denn sie mahlen den Kaffee nicht, sondern sie "reinigen" und enthülsen ihn.  Zwei riesige Enthülsungsmaschinen entfernen hier bei bis zu fünfzehn Tonnen Kaffee am Tag die Schale der getrockneten Kaffeekirschen. Die Arbeiter entladen und wiegen die von den umliegenden Kaffeebauern angelieferten Säcke. Danach öffnen sie sie und schütten den Kaffee in einen Kanal, von wo aus er seine "Enthülsungsreise" über ein Aufzugsystem antritt.









                                   Arbeiter der Coffee Mill in Napoklu

            Entladen der Kaffeesäcke

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          Von hier tritt der Kaffee seine "Reise" zur Enthülsung an








Ein Aufzug befördert den Kaffee zunächst nach oben, worin sich eine Siebtrommel mit seitlich geöffneten, ziemlich scharfkantigen Öffnungen befindet. Die trockenen Kaffeefrüchte werden vom Inneren der Trommel durch das Sieb nach außen gedrückt: die Schale wird dabei von den Bohnen abgelöst. Die leichteren, zerbröselten Schalenteile werden mit einem Luftstrom abgesaugt und ins Freie befördert, gesammelt und später als Dünger verwendet.




























Danach sortiert die Rüttelmaschine kleine, leichte Fremdkörper, also z.B. Ästchen, kleine Erdklumpen oder Steinchen aus. Die kreisförmige Rüttel- und Schwenkbewegung bewirkt, dass die leichteren Teilchen auf eine Seite wandern und so aussortiert werden können. Dieser Vorgang wird 2-3 Mal wiederholt, das erhöht die Trefferquote, und schon ist der Kaffee viel sauberer. Bestimmten Defekten, die nicht durch Gewichtsunterschiede aussortiert werden können, wie z.B. schwarze und 'verbrannte' Bohnen, rückt man ggf. später mit anderen Werkzeugen auf die Pelle.  Danach fallen die Kaffeebohnen durch ein Rohr herunter und werden in einen gesonderten Raum geleitet. Hier sieht man den sauberen, ziemlich einheitlichen Rohkaffee.









Geschälter Kaffee in der Coffee Mill in Napoklu








Ich danke Herrn Suresh Chengappa und seiner Frau sehr für die Möglichkeit, auf ihrer Farm fotografieren zu dürfen, für ihre
Freundlichkeit und auch für ihre Bereitschaft, mir vieles zu erklären und zu erzählen. Ebenso danke ich den Arbeiterinnen
und Arbeitern der Farm, denen ich mit meiner Kamera manchmal ziemlich auf die Pelle gerückt bin. 














© Text und Fotos: Jochen Weber
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